Recht auf Vergessen: Das Ende für deutsche Suchmaschinen? [UPDATE]

Last Updated on 8 Jahren by TmoWizard

(Edit am 10.02.2016: Es gibt ein [UPDATE] weiter unten im Text, ich habe es wie immer auch als solches gekennzeichnet!)

 

Werte Leserinnen und Leser,

es wird endlich mal wieder Zeit für einen neuen Artikel hier auf meinem Castle! Vorbereitet hatte ich den eigentlich schon länger, aber irgendwie brauchte ich einfach eine Auszeit. Nun geht es aber wieder weiter und das gleich mit einem Thema, das wirklich uns alle angeht. Folgende Nachricht hat mich zu diesem Artikel inspiriert:

 

Suchmaschine MetaGer totgeklagt?

Nachdem wegen dem Leistungsschutzrecht (LSR) bereits mehrere deutsche Suchmaschinen mehr oder weniger die Segel gestrichen haben geht es nun wohl weiter mit dem „Recht auf Vergessen“, welches sich auch nicht gerade fördernd auf den deutschen Suchmaschinenmarkt auswirkt. Ich zitiere:

Digitale Agenda ade! Durch die Klage einer Rechtsanwältin aus Norddeutschland droht dem SUMA-EV, gemeinnütziger Betreiber Deutschlands größter und sicherster Suchmaschine MetaGer.de, der Ruin. Die Anwältin fordert, das Recht auf Vergessen auch auf Assoziationen zu den beanstandeten Begriffen, beispielsweise Namen, auszuweiten. Für Dr. Wolfgang Sander-Beuermann, geschäftsführender Vorsitzender des SUMA-EV, ein Ding der Unmöglichkeit: „Würde der Klage stattgegeben, wäre das das Aus für alle Suchmaschinen in Deutschland. Eine Klageflut würde ihren Betrieb unmöglich machen“.

Konkret klagt die Rechtsanwältin, Links zu löschen, die auf Webseiten mit einem Namen zeigen, der dem ihren ÄHNLICH ist. Lässt man, so die Begründung der Einstweiligen Verfügung, in dem Namen der Anwältin einen Buchstaben weg, so werden beim Suchen nach diesem Namen Ergebnisse angezeigt, die der Klägerin missfallen. Bezug genommen wird dabei auf das EuGH-Urteil vom 13.5.2014 zum Recht auf Vergessen.

Ähm… was? Wegen der Ähnlichkeit des Namens??? Nur mal so nebenbei bemerkt:

Oben rechts hier auf dem Castle ist der Link zu meinem Impressum, dort findet ihr meinen eigenen Namen. Schmeißt mal die Suchmaschine eurer Wahl an und sucht nach diesem meinem Namen, da findet ihr unter Anderem einen Zahnarzt und sogar einen Buchautor. Deren Namen sind nicht nur ähnlich, die heißen tatsächlich so wie ich!

Spinnen wir den Faden doch mal mit meinem eigenen Namen weiter nach dem Willen dieser mir unbekannten Klägerin, dazu nehme ich jetzt einfach mal meinen Familiennamen und verändere immer nur maximal zwei Buchstaben oder lasse einen weg bzw. füge einen hinzu:

  • Speier
  • Speir
  • Spier
  • Speirer
  • Seier
  • Speyer
  • Spaier
  • Spayer

Will jemand weiter machen? Das wären dann alles Ergebnisse, die man nach dem Willen der Klägerin in meinem Fall nicht mehr finden würde!

Zitat Dr. Wolfgang Sander-Beuermann:

„Wenn man solche Forderungen akzeptieren würde, dann wären Namensnennungen im Internet praktisch für ALLE Suchmaschinen unmöglich. Zu jedem Namen gibt es Dutzende von ähnlichen Namen, die dann alle ein Recht auf Löschung hätten. Der Betrieb von Suchmaschinen wäre generell infrage gestellt.

Zu dem letzten Satz komme ich noch, nun gibt es erst einmal ein vorläufiges Ergebnis:

Urteil zur Klage gegen MetaGer

Zitat:

SUMA-EV ist Betreiber der Suchmaschine MetaGer: Die Gefahr für den MetaGer-Betrieb ist aber nicht gebannt. Die bisherige Gerichtsentscheidung lehnt die Klage nur aufgrund mangelnder Eilbedürftigkeit ab; eine Entscheidung in der Sache liegt nicht vor. Wenn die Klägerin in die Berufung oder ins Hauptverfahren geht, dann kann das Verfahren auch ganz anders ausgehen. Eine Entscheidung gegen MetaGer würde den Betrieb aller Suchmaschinen in Deutschland gefährden. Das Internet in Deutschland wäre kaum mehr nutzbar, die Digitale Agenda wäre Makulatur.

Das wäre natürlich fatal, obwohl es tatsächlich eine Alternative gäbe! Diese hat jedoch den großen Fehler, daß wirklich jeder mitmachen müßte:

YaCy: Wir machen Suchmaschinensoftware

Zitat:

YaCy ist eine Suchmaschine bei dem die Nutzer selbst zum Betreiber werden. Die freie Suchmaschinensoftware YaCy läuft nicht auf einem Server im Internet, sondern auf Ihrem eigenen Rechner. So können Sie Ihr persönliches Suchportal errichten, bei dem nur Sie bestimmen was die Suchmaschine im Suchindex hat.

Die Besonderheit von YaCy ist aber, dass es sich mit den anderen Benutzern, die ebenfalls eine YaCy Suchmaschine betreiben, verbinden kann. So entsteht ein vollständig dezentrales Peer-to-Peer Suchmaschinennetz welches mit der Anzahl der Nutzer skaliert. Diese, von der Gemeinschaft der Nutzer betriebene Suchmaschine ist nicht zensierbar und speichert auch kein Nutzerverhalten an zentraler Stelle. Das Erreichen von Informationsfreiheit durch freie, dezentrale Suchsoftware ist auch ein Projektziel.

Das Problem von YaCy ist nur, daß auch nach über 10 Jahren einfach zu wenig Leute mitmachen! Dadurch sind leider auch die Suchergebnisse entsprechend schlecht, man findet einfach nicht alles. Derzeit haben wir gerade mal fast 5 Milliarden Dokumente im Index, Google alleine hat mindestens die zehnfache Menge!

Zur Zeit gibt es aber nur knapp 2.200 YaCy-Peers weltweit, darüber können Google, Yahoo!, Bing und Co mit ihren großen Serverfarmen einfach nur lächeln. Wenn aber von den ca. 2,5 Milliarden Internetnutzern nur … sagen wir mal … 15 Millionen mitmachen würden, dann sehe das schon anders aus: Je mehr desto besser!

Bei YaCy wäre eine solche Klage jedenfalls nicht möglich, da die einzelnen Peers über die ganze Welt verteilt sind und es ist auch noch freie Software. Weder das „Recht auf Vergessen“ noch das LSR oder eine andere Zensurmaßnahme haben hier eine Chance, eben weil der Index nicht irgendwo zentral gespeichert ist!

Passend zu YaCy hier drei Videos von SemperVideo, in welchen die Installation unter Linux MINT und Windows gezeigt wird und ein paar Fragen dazu beantwortet werden, allerdings wird dort eine sehr alte Version von YaCy verwendet:

 

[UPDATE:]

Bei heise.de ist passen dazu jetzt folgender Text erschienen:

Google setzt Recht auf Vergessen in der EU schärfer durch

Zitat:

Google will mit Geoblocking verhindern, dass europäische Nutzer über die internationale Domain Google.com Suchergebnisse erhalten, die der Internetkonzern auf nationalen Seiten wie Google.de aus Datenschutzgründen ausblendet. Damit versucht das Unternehmen eine Lücke bei der Handhabe des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum sogenannten Recht auf Vergessen zu schließen.

Wie hier ersichtlich geht das ganze natürlich nicht von Google aus, denn für das Unternehmen sind Daten ja eigentlich bares Geld.  Sie müßen so reagieren, wenn sie keine Klage am Hals haben wollen.

Google wertet bereits seit Ende Januar die IP-Adressen aller Suchanfragen aus, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung weiß. Weist die Netzkennung auf einen Standort in Europa hin, werden nur die gefilterten Resultate auch auf Google.com angezeigt. Nutzer außerhalb Europas sehen dagegen weiter die gesamten Ergebnisse, da diese die Kalifornier nicht aus dem Index löschen.

Nutzer von YaCy können diese Ergebnisse ebenfalls sehen, solange diese im Index stehen. Einmal einen solchen Link indexiert, ein paar Tage warten und immer wieder mal danach mit YaCy suchen, dann wird das Ergebnis nie wieder vergessen! Der Index wird auf mehrere Peers verteilt, wodurch auch eine gewisse Ausfallsicherheit gegeben ist.

[/UPDATE]

 

Mein Fazit:

Es wäre für alle Nutzer des Internet/WWW sehr fatal, wenn diese bisher nicht genannte Klägerin gewinnen würde. Als erstes trifft es uns in Deutschland, dann dreht das Beispiel seine Runden und wir bekommen weltweit Zustände wie in China, Nordkorea und den restlichen Diktaturen! Das LSR wie auch das „Recht auf Vergessen“ sind Zensurmaßnahmen und sie waren erst die Spitze des Eisberges, wir dürfen das nicht auf uns sitzen lassen!

Ich kann mich mit meinen 50 Jahren noch sehr gut an die Zeiten erinnern, als wir noch einfache „Mailboxen“ hatten und jeder bei sich zuhause solche Rechner betrieben. Mein alter TT030 existiert noch, muß ich ihn bald wieder in Betrieb nehmen?

 

Viele Grüße nun aus TmoWizard’s Castle zu Augusta Vindelicorum

Y gwir yn erbyn Y byd!

Mike, TmoWizard Zaubersmilie

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2 Replies to “Recht auf Vergessen: Das Ende für deutsche Suchmaschinen? [UPDATE]”

  1. Hallo Mike,

    ich habe vor längerer Zeit – vielleicht erinnerst Du Dich – Yacy schon einmal getestet und mich wieder davon verabschiedet. Die genauen Gründen weiß ich nicht mehr. An einen Grund meine ich, mich erinnern zu können:

    Yacy beansprucht viel Speicherplatz und verlangsamt den Rechner. Das wäre bei einer Bandbreite von 10.000 MBit/s schon eine Belastung meines Rechners.

    Was kannst Du aus Deiner Erfahrung zu diesem Punkt sagen?

    Besten Gruß
    von Gerhard

    1. Hallo Gerhard!

      Den Verbrauch an Speicherplatz kann man zwar einstellen, aber so 600 – 800 MB RAM benötigt YaCy trotzdem. Wie bei vielen Programmen gilt hier leider „je mehr desto besser“ und bei der Festplatte sieht es ebenso aus, wobei YaCy bei mir derzeit ~6,2 GB auf der Festplatte verwendet.

      Den Rechner sollte es aber nicht verlangsamen, bei mir schwankt die Prozessorlast durch YaCy zwischen 2 und 10 %.

      Die Bandbreite ist dabei eigentlich fast egal, ein normaler Peer benötigt diese ja nur zum Suchen. Wenn man natürlich selbst einen Crawler auf die Reise schickt und Webseiten indiziert sieht das jedoch anders aus, das geht natürlich zu Lasten der Geschwindigkeit. Hier muß man mit Bedacht vorgehen, sonst bremst YaCy schon gehörig aus!

      Ich bemerke YaCy eigentlich selten, da ist mein SeaMonkey wesentlich schlimmer!

      Grüße nun aus TmoWizard’s Castle aus Augsburg

      Mike, TmoWizard

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